Frischer Wind in Hamburgs Kultur
Carsten Brosda im Gespräch mit Newcomer*innen
am 2. Dezember 2024 um 19.30 Uhr in der Kulturfabrik Kampnagel,
Jarrestraße 20 in 22303 Hamburg
Die Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft geht in die Schlussrunde, am 2. März 2025 wird gewählt. Wir wollen mit dem Senator für Kultur und Medien kulturpolitisch Bilanz ziehen und nach vorn schauen. Wo waren die Glanzlichter, wo gibt es Schwachstellen? Gab es genügend Impulse? – Zugleich weht personell ein frischer Wind durch Hamburgs Kulturszene. Wir haben einen neuen Ballett-Intendanten, das Filmfest steht unter neuer Leitung, im Thalia Theater steht der Wechsel kurz bevor – um nur einige Beispiele zu nennen. Wie erleben, wie bewegen Newcomer*innen das Kulturleben Hamburgs, was erhoffen sie sich, wie reagiert die Stadtgesellschaft? Wie gelingt es, junge Leute für Theater, Konzerte, Museen, Galerien, Events zu begeistern?
Das Kulturforum lädt ein zum Gespräch.
Unsere Podiumsgäste:
Sonja Anders (künftige Intendantin des Thalia Theaters)
Dr. Carsten Brosda (Senator für Kultur und Medien)
Tilman Oberbeck (künstlerischer Leiter der JazzHall)
Moderation: Daniel Kaiser (NDR 90,3)
Fotos Gerhard Lein: Begrüßung durch C. Sonntag-Wolgast, Carsten Brosda, Tilman Oberbeck, Sonja Anders, Kampnagelchefin Amelie Deuflhard, Moderator Daniel Kaiser, Frage aus dem Publikum
Wie erleben, wie bewegen Newcomer*innen das Kulturleben Hamburgs, was erhoffen sie sich? Wie reagiert die Stadtgesellschaft? Und wie gelingt es, junge Leute für Theater, Konzerte, Museen, Galerien, Events zu begeistern? Darüber diskutierten die Podiumsgäste des Kulturforums am Montagabend. Zu Gast waren Sonja Anders (künftige Intendantin des Thalia Theaters), Dr. Carsten Brosda (Senator für Kultur und Medien), und Tilman Oberbeck (künstlerischer Leiter der JazzHall) .
„Frischer Wind in Hamburgs Kulturlandschaft“, so das Motto des Abends. „Das klingt eher nach Rückenwind, während in Berlin derzeit ein Hurrikan tobt“ – so eröffnet der Moderator Daniel Kaiser (NDR 90,3) die Veranstaltung. Von den gravierenden Kürzungen des Berliner Kulturetats um 130 Millionen Euro spricht Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda gar als „toxisches Spiel“. „Wenn man ein Haus schließt, dann spart man nicht, denn es bleiben die laufenden Kosten“, so Brosda. Auch die Diskussion um die Allgemeingüter findet er sinnlos. Und mit Bezug auf die Anmerkung des Berliner Bürgermeisters, man müsse beispielsweise an die Kassiererin im Supermarkt denken, die nie in die Oper geht, sie aber als Steuerzahlerin mit finanziert, bringt der Hamburger Senator es auf den Punkt: „Wir alle zahlen mit unseren Steuern auch Dinge, die wir nicht nutzen. Doch es geht darum, dass wir Dinge weiterhin gewährleisten, die uns was wert sind.“ Künftig gehe es auch um die Frage, wie man das Publikum anspricht, das sich nicht gemeint fühlt. Noch weiter weg von dem elitären Image, das dem Theater teils noch anhaftet, will die zukünftige Thalia-Intendantin Sonja Anders. Sie möchte kein Theater für Menschen mit Geld machen, sondern auch die miteinbeziehen, die am Rand stehen. „Die Kinder und Jugendlichen sind der Schlüssel. Und mit denen muss man zusammen Theater machen.“ Tilmann Oberbeck, dem künstlerischen Leiter der JazzHalles geht es auch darum, sich in virtuellen Zeiten die eigenen Stärken klarzumachen. „Wir sind ein analoger Raum“. Er möchte vor allem junge Künstler stärken, die Bühnen der Stadt zu bespielen. Kürzlich öffnete ein neuer Jazzclub in Hamburg, das Nica. Konkurrenz sei der neue Ort nicht, sagt Oberbeck. „Das Nica ist ein Club, und die Jazz Hall ein Saal.“ Der pure Musikgenuss stehe in dem an die Hochschule angegliederten Bau im Vordergrund. Man ergänzt sich, das zeigte auch der Eröffnungstag. An diesem war sowohl die Jazz Hall als auch der Jazzclub Birdland ausverkauft.
Angesprochen auf das Opernprojekt von Investor Klaus-Michael Kühne hält sich Brosda bedeckt. Das Angebot einer geschenkten Oper für eine Stadt natürlich verlockend, aber ob gebaut wird oder nicht, ist noch offen. Bedeutet ein solches Geschenk eigentlich auch eine inhaltliche Mitsprache beim Programm? Dazu wurde nichts gesagt. Die gut besuchte Veranstaltung endet mit vielen Fragen aus dem Publikum. Zum Rechtsruck in der Gesellschaft und seiner Bedeutung für die Kulturszene, aber auch zu lokalen Themen wie dem Schuppen 50 im Hafenmuseum und der Frage nach einem Ort für die Auseinandersetzung mit der kolonialen Geschichte. Die Antworten bleiben verhalten an diesem Abend. So ist das in Zeiten, in denen vieles im Vagen liegt. Eindeutig wird, dass die Bedeutung von kulturellem Input, der nur durch finanzielle Möglichkeiten gewährleistet werden kann, wichtiger ist denn je. Die Dirigentin des Berliner Konzerthausorchesters Joana Mallwitz, sagte neulich bei einem Konzert, dass wir die Krisen unserer Gegenwart nicht überleben, wenn wir keine Räume und Orte haben, in denen wir uns gemeinsam im Zuhören vereinen. Man kann nur hoffen, dass die Hamburger Politik genauer zuhört und bessere Entscheidungen trifft als Berlin. (Franziska Herrmann)